Die Katastrophe vor Augen (HNA, 03.05.2013)
Theater-AG der Edertalschule feierte mit Camus-Stück eine glänzende Premiere
Großes Theater erlebten die Besucher, die zur Premiere des Stückes der Theater-AG der Edertalschule Frankenberg ins Dampfmaschinen-Museum gekommen waren. Der Roman „Die Pest“, den Albert Camus 1947 verfasste, und sein Stück „Belagerungszustand“ bildeten die Grundlage für eine Inszenierung, die unter der Leitung von Paul Möllers das menschliche Handeln im Angesicht der Katastrophe seziert. Schauplatz der Handlung ist die spanische Stadt Cádiz, deren Bewohner das Auftauchen
eines Kometen als Warnung für herannahendes Unheil deuten. Doch die Einwohner lassen sich gerne von den unfähigen Regierenden beruhigen und gehen weiter ihren
alltäglichen Zerstreuungen nach. Einzig Nihilist Nada, überzeugend von Darja Fuhrmann gespielt, weist die Menschen mit Sätzen wie „Lasst die Hoffnung fallen!“ auf die Vergeblichkeit ihrer Zuversicht hin. Die Katastrophe nimmt ihren Lauf, erste Tote kündigen die gefürchtete Pest an. Dannbetritt diese in schwarzes Leder
gehüllt leibhaftig die Bühne. Gemeinsam mit ihrer Sekretärin „Tod“ setzt die Pest die Machthaber ab. „Ehre den Dummköpfen, denn sie ebnen mir den Weg“, so charakterisiert sie den Nährboden, der ihre Macht ermöglicht hat. Mit sinnlosen Erlässen knechten „Pest“ und „Tod“ das Volk. Die Angst geht um, denn willkürlich streicht „Tod“ die Menschen mit nur einem Bleistiftstrich aus ihrem Notizbuch. Verängstigt sind die Menschen sogar bereit, sich gegenseitig zu denunzieren. Nur Diego widersetzt sich dem faschistischen Diktat und vernachlässigt dafür selbst seine große Liebe Victoria. Die Pest macht ihm ein fatales Angebot: Seiner todkranken Geliebten und ihm schenkt sie das Leben, wenn er bereit ist, die Stadt zu verlassen. Doch Diego opfert sein Glück und sogar sein Leben, um Freiheit für sein Volk zu erlangen. Mit seiner Furchtlosigkeit hat er die Pest vertrieben und damit den Schrecken besiegt, aber die alten „dummen“ Machthaber kehren zurück und werden so der Pest erneut den Weg zurück zur Herrschaft ebnen. „Die Grausamkeit empört, die Dummheit entmutigt“, kommentiert Nada treffend das Geschehen. Egal wie die Menschen sich entscheiden, die Geschichte wird immer tragisch enden. Die an die griechische Tragödie angelehnte Handlung wurde durch den Einsatz des ganz in Weiß gewandeten Volks-Chores effektvoll unterstrichen. Eingefügte Gaukler-Szenen lockerten die thematisch schwere Kost auf und sorgten für viele Lacher im Publikum. Vor allem Julius Engelbach brillierte mit einer eingebauten Hitler-Parodie. Alle Darsteller waren mit viel Engagement und Spielfreude bei der Sache. Hervorzuheben sind Lena Adel als „Pest“, Johanna Krüger als Sekretärin „Tod“ sowie Suna Knell in der Rolle der Victoria und Nils Funke als Diego. Die mittig angelegte Bühne ermöglichte den Zuschauern unmittelbare Nähe zum Geschehen. Mit tosendem Applaus bedankten sich diese im ausverkauften Haus für eine glänzende Aufführung.
Weitere Aufführungen heute, morgen und am Sonntag je ab 20 Uhr im Dampfmaschinenmuseum. Eintritt: 9 Euro, ermäßigt 5 Euro. Karten gibt’s auch noch an der Abendkasse.
Mehr Fotos zu diesem Thema gibt es auf http://zu.hna.de/pestfkb