Kleine Orchesterklasse, erste große Probe

Kleine Orchesterklasse, erste große Probe

von Dorothea Wagener

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Gerade sieben Wochen sind sie nun an der Edertalschule und gewöhnen sich noch ein. Erst im Sommer waren sie noch „die Großen“ auf der Grundschule, jetzt sind sie „die kleinen Neuen“. Neu, ja. Aber klein? Da sitzen 22 selbstbewußte Schülerinnen und Schüler mit ihren Instrumenten auf der Bühne der Frankenberger Kulturhalle und proben mit ihrem „Dirigenten“ und Leiter Martin J. Fischer zum ersten Mal ein Lied nach Noten. Sie setzen jetzt schon Töne und Rhythmus zusammen, sie hören konzentriert aufeinander, musizieren miteinander und singen dazu. Und das ist jetzt schon ganz großes Kino.

Dieses erste Stück heißt „This land is your land“, Martin Fischer hat das alte amerikanische Volkslied für die Orchesterklasse so arrangiert, dass es nur auf leeren Saiten gezupft oder mit zwei verschiedenen Tönen geblasen werden kann, und es klingt beeindruckend. Die Kinder wundern sich über sich selbst und strahlen.

Der Einblick in den Alltag der neuen Orchesterklasse fünf der Edertalschule zeigt, wie das Bildungsangebot der Edertalschule in Zusammenarbeit mit der Frankenberger Musikschule erfolgreich umgesetzt wird. Was hier bereits im zehnten Jahr praktiziert wird, dient nicht nur der Nachwuchsförderung für das große Jugendsinfonieorchester. Die Kinder bekommen eine musikalische Ausbildung, die der Persönlichkeitsentwicklung dient und sich nicht selten auch auf andere Bereiche der Schulausbildung auswirkt.

 

Der Grundstein hierfür wird bereits durch den Musikunterricht und viele Zusatzangebote wie Musik-, Flöten-, Chor- oder gar Musical-AGs in den zuführenden Grundschulen gelegt. Auch die Musikschule bietet viel an zum Thema musikalische Früherziehung. Darüber hinaus haben manche Kinder schon privaten Instrumentalunterricht gehabt oder sind in Posaunen- oder Kinderchören der kirchlichen Gemeinden integriert.

Doch wie kommt man denn nun in die Orchesterklasse und welches sind die Voraussetzungen?

Die Vorbereitungen starten im Januar mit einem Erfahrungsaustausch zwischen Musiklehrern der Grundschulen des Altkreises Frankenbergs und der Edertalschule.

Der erste Berührungspunkt der Viertklässler mit der laufenden Orchesterklasse fünf ist dann der „Tag der offenen Tür“ der Edertalschule im Februar. Hier informieren die Musiklehrer interessierte Eltern, und Kinder haben zum ersten Mal die Möglichkeit, mit den musizierenden Fünftklässlern „auf Tuchfühlung zu gehen“.

Mit der Anmeldung im März/April zur weiterführenden Schule wird das Interesse an der Orchesterklasse dann unverbindlich abgefragt.

Im Mai organisiert das Gymnasium eine Informationsveranstaltung speziell zum Thema Orchesterklasse für interessierte Kinder und ihre Eltern. Zusammen mit der Musikschule werden viele inhaltliche und technische Fragen thematisiert. Und auch die bestehende Orchesterklasse ist wieder hautnah dabei und zeigt die Ergebnisse ihrer Ausbildung. Selbst Kinder ohne instrumentale Vorkenntnisse sind dann oftmals so fasziniert, dass sie sich spontan für die neue Orchesterklasse anmelden, die Anmeldefrist läuft aber bis Anfang Juni. Die Anmeldung ist freiwillig und dann verbindlich für zwei Jahre. Voraussetzung für den Eintritt in die Orchesterklasse ist eine Gymnasialempfehlung der Grundschule. „Es hat sich in den neun Jahren gesammelter Erfahrungen die Erkenntnis ergeben, dass die Mehrbelastung der Orchesterklassen-Kinder nur durch die Fähigkeiten geleistet werden können, die ein Gymnasialkind im Allgemeinen ausmachen: Selbständigkeit, Belastbarkeit, Ausdauer und Konzentration“, so Markus Wagener, Leiter des Jugendsinfonieorchesters. „Denn die Kinder bewältigen neben der musikalischen Ausbildung den normalen Schulalltag mit vollem Stundenplan, Hausaufgaben und Klausuren in Zeiten von G8.“

Schließlich kann Mitte Juni das lang ersehnte Schreiben „Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, daß Ihr Kind aufgenommen wird ...“ versandt werden.

Zu Beginn des neuen Schuljahres durchlaufen die Orchesterklassenkinder einen Schnuppertag, nach dem dann alle zur Verfügung stehenden Instrumente verteilt werden (FZ berichtete).

Die Kinder haben dann drei statt der üblichen zwei Stunden Musikunterricht, von denen je eine Stunde regulärer Musikunterricht, der Instrumental-Unterricht in Kleingruppen und eine Stunde „Orchesterprobe“ ist. Damit hat die Orchesterklasse schon von der fünften Klasse an mindestens einmal Nachmittagsunterricht.

Auch Bedingung ist das Erlernen eines neuen Instrumentes, damit alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Voraussetzungen haben. Der Unterricht wird von Lehrern der Musikschule in den Räumen der Edertalschule und der Ortenbergschule erteilt. Das Instrument wird für zwei Jahre ausgeliehen. Die Kosten hierfür betragen monatlich € 34 für Unterricht, Instrumenten-Ausleihe und -Versicherung. Vorteil ist, dass die Kinder den Instrumentalunterricht während der Schulzeit erhalten und somit keine zusätzlichen Fahrten notwendig.

Die für den „Schwerpunkt Musik“ übliche Ausbildung wird auf eine längere Sicht angelegt: Die ersten zwei Jahre als Orchesterklasse sind die „Grundausbildung“, die die Schülerinnen und Schüler für den Eintritt ins Jugendorchester vorbereiten. Nach weiteren zwei Jahren sind die Kinder durch weiteren Instrumentalunterricht, weiteres Üben und die Erfahrungen, die sie im Jugendorchester sammeln, soweit, die kleine Aufnahmeprüfung für den Eintritt ins Jugendsinfonieorchester zu schaffen. Die Eindrücke durch regelmäßige Proben, kleine Auftritte, große Konzerte, Konzertreisen und Probenfreizeiten, das Zusammenspiel und der Zusammenhalt des Orchesters, gepaart mit der musikalischen Ausbildung prägen für das Leben. Nicht selten schlagen die jungen Musiker nach dem Abitur einen weiteren Weg zur musikalischen Karriere ein und studieren Musik. Oft sogar geben sie jüngeren Schülern in ihrer Freizeit Instrumentalunterricht und nehmen selber auch weiterhin private Stunden.

Davon sind die Kinder der Orchesterklasse fünf jetzt zwar noch weit entfernt, aber an einem sind sie schon ganz nah dran: An der Musik und daran, „Bühnenluft zu schnuppern“.


 


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