Edertalschüler sprachen in Workshop über die DDR-Diktatur
Stasi, Planwirtschaft, Propaganda und Marxismus: Bereits das ganze Schuljahr beschäftigt sich die Jahrgangsstufe 13 der Edertalschule in Frankenberg mit der jüngeren ostdeutschen Geschichte. Nun haben die Schüler an einem Workshop zur DDR-Historie mit dem Titel „Wege zur Freiheit“ teilgenommen. Den Workshop leitete Referentin Kristin Kallweit vom Verein „Deutsche Gesellschaft“. Ziel des Vereins ist die Förderung politischer, kultureller und sozialer Beziehungen. Organisiert wurde der Tag von Geschichtslehrer Burkhard Wick. Wie dienlich bist du für den Staat? Was machen deine Eltern beruflich? Bist du ein potenzieller Aufwiegler? Diese Fragen entschieden in der DDR maßgeblich über Abiturzugang und Karrieremöglichkeiten, wie Kallweit den Schülern erklärte. Der Notendurchschnitt: häufig Nebensache im Regime. Doch Schule war nur einer von vielen Programmpunkten des Workshops. Auch das sozialistische Weltbild spielte eine Rolle. Dafür hatte Kallweit Anschauungsmaterial mitgebracht und unter den Schülern verteilt. Der 19-jährige Steffen Mey inspizierte beispielsweise eine vergilbte Ausgabe der „Trommel“. Dabei handelte es sich um die Wochenzeitschrift der Freien Deutschen Jugend (FDJ), der Jugendorganisation der in der DDR alleinherrschenden Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Von der Teilung Deutschlands in einen Ost- und Weststaat habe er vor dem Schuljahr und dem Workshop schon viel gehört, beispielsweise in Erzählungen von Großeltern. Trotzdem habe er viel Neues gelernt, vor allem über die Scheinheiligkeit der Diktatur: „Das System gaukelte Solidarität vor, gleichzeitig gab es aber die Stasi, die jeden überwachte und Misstrauen verbreitete.“ Die Willkür der innenpolitischen Geheimpolizei „Staatssicherheit“ schockierte auch Mitschülerin Carla Ludolph (18). „Es konnte einfach jeden treffen“, sagte sie. Melina März (18) fand besonders erschütternd, dass Kinder benutzt wurden, um die Eltern auszuspionieren. Dass die DDR auch heute noch einen großen Teil des Geschichtsunterrichts ausmacht, halten die drei für wichtig. „Die Aufklärung darüber darf nie aufhören“, sagte Melina. Diese Meinung teilt auch Kristin Kallweit. Die Geschichte des eigenen Landes zu kennen, sei in vielerlei Hinsicht wichtig. Im Kontext Meinungs- und Pressefreiheit leugnender Querdenker zu wissen, was der Verlust dieser Freiheiten tatsächlich bedeutet, erachtet sie als wertvoll. Außerdem helfe die Auseinandersetzung mit dem geteilten Deutschland dabei, die heutigen Gegebenheiten im damaligen DDR-Gebiet zu verstehen. Von der Unzufriedenheit vieler Ostdeutscher bis zu AfD-Wahlerfolgen. Vom Vorwissen und Engagement der Edertalschüler sei die Referentin positiv überrascht worden. „Sie sind alle sehr motiviert und interessiert“, sagte sie.
Text und Foto: Eike Rustemeyer, HNA
Bildunterschrift:
Die DDR-Zeitschrift „Trommel“ wird von Steffen Mey (rechts) unter die Lupe genommen.