Die Fußgängerzone in Zahlen (wlz-fz, 22.07.2014)

Edertalschüler erstellen Statistik zum Frankenberger Einzelhandel

erdkundeprojekt wlz fz 22 07 2014

Die Fußgängerzone gehört zu den am heißesten diskutierten Themen in Frankenberg. Gegner der Sanierung treffen lautstark auf Befürworter. Mittendrin: der Einzelhandel. Edertalschüler haben diesen genauer unter die Lupe genommen. Was lockt Menschen in die Frankenberger Altstadt, was interessiert sie weniger? Welches Angebot fehlt in der Innenstadt, und wovon gibt es genügend? Diese Fragen treiben den Kaufmännischen Verein um, die politischen Gremien - und auch eine Klasse von Edertalschülern. Die Schüler belegen bei ihrer Lehrerin Vroni Retzer den Orientierungskurs Erdkunde. Viele wollen nach den Ferien in den entsprechenden Leistungskurs wechseln. Und da Geografie viel mehr ist als das Auswendiglernen von Ländern und Hauptstädten, haben sie sich mit einem Kernthema des Faches befasst: der Statistik. Mit diesem Werkzeug ausgestattet, zogen die Schüler in die Fußgängerzone, denn sie war ihr Forschungsobjekt. Die Gymnasiasten wollten wissen, wie die Einzelhandelssituation aussieht. „Die Daten sind natürlich nicht repräsentativ“, schränkt Retzer von Vornherein ein. Und doch hätten sie eine gewisse Aussagekraft. Die Arbeit besteht aus zwei Teilen: einer Kartierung und einer Umfrage. 43 Freiwillige standen den Edertalschülern Rede und Antwort, davon gut die Hälfte wohnhaft in Frankenberg und der überwiegende Teil aus dem Landkreis. „Das war am Morgen etwas problematisch, weil viele Leute keine Zeit hatten und zur Arbeit mussten“, sagt Leonie. Deshalb wurden die Besucher der Fußgängerzone an zwei Tagen befragt - auch wenn es dafür eine Grenze zu überwinden galt: „Ich fand es seltsam, Menschen nach ihrem Alter zu fragen“, erzählt Lisa. Doch Gregor ergänzt: „Man gewöhnt sich ziemlich schnell daran.“

Was die Schüler durch diesen Akt der Selbstüberwindung zu Tage gefördert haben, ist durchaus interessant - denn es zeigt die Entwicklung der Stadt, macht Publikumsmagnete sichtbar und dokumentiert den fortschreitenden Leerstand. Im vorausgegangenen Jahr nämlich war bereits ein Leistungskurs mit den gleichen Fragen in der Stadt unterwegs. Markant ist besonders ein Balken, der von dem Wert 13 auf 21 angestiegen ist: die Zahl der Leerstände zwischen Obermarkt und Röddenauer Kreisel. „Ich finde es krass, wie viel bei uns in Frankenberg leer steht“, sagt Leonie - vielen Bürgern dürfte es ähnlich gehen. In der oberen Fußgängerzone hat sich der Leerstand nach dem Datenmaterial der Schüler vervierfacht. Demnach stehen 13 Prozent der dortigen Verkaufsflächen frei. 2013 waren es nur drei Prozent - verständlich also, wenn in der Politik darauf gezielt wird, die obere Fußgängerzone in die Erneuerung der Flaniermeile einzubeziehen. Besonders markant ist der Rückgang auch im Bereich „Gastronomie, Restaurant, Verpflegung“ - von 38 auf 28 Geschäfte. Nicht belegen hingegen lässt sich, dass es in Frankenberg - wie oft zu hören ist - „nur noch Optiker gibt“. Die Zahlen zeigen, dass der Sektor „Uhren, Schmuck, Foto und Optik“ auf dem gleichen Niveau geblieben ist wie im Vorjahr: Zehn Läden machen mit derartigen Produkten ihren Umsatz. Interessant sind auch Datenfragmente wie diese: Fast ein Drittel aller Geschäfte an Ober- und Untermarkt sind dem Bereich Gastronomie zuzuordnen. Und in der unteren Fußgängerzone verkauft jedes fünfte Geschäft Textilien. Und doch soll mit H&M ein weiterer großer Textiler nach Frankenberg kommen. Die Bedürfnisse der Kunden scheinen dies nahezulegen: Den Lebensmittel-Einzelhandel herausgerechnet, zeigt die Analyse der Schüler für beide Jahre, dass der mit Abstand größte Publikumsmagnet in der Frankenberger Innenstadt das Modehaus Heinze ist. Auf Rang zwei folgt mit Eitzenhöfer ein weiterer großer Textilhändler. In den nächsten Jahren dürfte sich auch H&M in dieser Liste der Publikumsmagneten finden. Ohnehin ist bei Fertigstellung des Frankenberger Tores eine Verschiebung in der Datenbasis der Schule eine Konsequenz. Noch 2013 war ein Viertel der Befragten der Name „Frankenberger Tor“ völlig unbekannt. Zum Zeitpunkt der Befragung stand aber auch noch das alte Raiffeisen-Lager. Mit dem fortschreitenden Bau hat sich dies geändert: Nur eine Person konnte auf Nachfrage der Schüler nicht sagen, was das Frankenberger Tor ist. Doch hat sich die in der Schüler-Umfrage erfasste Einstellung zum entstehenden Einkaufszentrum spürbar gewandelt: Noch 2013 sahen mehr als 50 Prozent das Tor positiv, nur 27 Prozent negativ. Letzterer Wert blieb bestehen - doch viele Befürworter haben sich inzwischen auf eine neutrale Position zurückgezogen, die Zahl der Befürworter sank auf 26 Prozent. Dort einkaufen hingegen wollen noch immer die meisten Befragten. Wie sich die Fertigstellung des Tores auf die Situation in der Stadt auswirkt, soll bereits die nächste Klasse im Erdkunde-Orientierungskurs erfassen.


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