Mit dem Roboter durchs Labyrinth
Bevor sie sich mit einer Freundin für einen Workshop über Roboter an der Universität Kassel angemeldet hat, hatte Someja Kelm aus Frankenberg kaum etwas mit Programmieren zu tun. An diesem Wochenende nimmt sie nun auch für ihre Kollegin Büsra Aras, die krankheitsbedingt nicht dort sein kann, an den German Open des Robocups, also den Deutschen Meisterschaften, in den Kasseler Messehallen teil. Dort messen sich bis Sonntag 550 Schüler aus ganz Deutschland mit selbstgebauten Robotern in unterschiedlichen Kategorien. „Das wir so weit kommen, hätte ich gar nicht erwartet, auch schon beim Qualifikationsturnier im Februar nicht“, sagt die 18-Jährige. Beide gehen in die 12.Klasse der Edertalschule in Frankenberg, die einen Mint-Schwerpunkt hat, also einen besonderen Fokus auf die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Besonders Aras interessiert sich für Informatik und erzählte Kelm vom Workshop, an dem beide im vergangenen Herbst teilnahmen. Dort begann ihre Arbeit an einem Roboter, der autonom durch ein Labyrinth finden und dabei Farben und Buchstaben erkennen muss. Wie Projektleiter Andreas Scheel erklärt, soll das die Suche nach Menschen in einem einsturzgefährdeten Haus simulieren: „Die Roboter müssen einmal durch das Labyrinth und zurück und der Rettungsmannschaft – in diesem Fall Kelm und Aras – Bescheid geben, wie viele Verletzte es gibt und was diese benötigen.“ Nach dem Workshop haben die beiden Schülerinnen den Roboter an Abenden, Wochenenden und in den Osterferien weitergebaut. „Zur EM nach Hannover oder WM nach Eindhoven zu fahren ist unser Ziel“, sagtKelm. „Wir wissen aber nicht, mit welcher Konkurrenz wir rechnen müssen.“ Viele ihrer „Gegner“ kennen sie jedoch schon. „Wir haben zum Beispiel beim Workshop Freunde gefunden und helfen uns bei den Turnieren auch mal gegenseitig aus“, so die Frankenbergerin. In ihrem Team hat jede ihren Fachbereich: Während Aras aufgrund ihres Interesses an Informatik für das Programmieren verantwortlich ist, baut Kelm den Roboter. Die Arbeitsfelder sind aber nicht komplett voneinander getrennt und die beiden setzen sich gemeinsam an alle Aufgaben. Beim Bauen kann Kelm auf Erfahrungen aus ihrer Familie zurückgreifen. Mit meinem Vater, der sehr technik-interessiert ist, habe ich immer mal Dinge gebaut“, erzählt die Schülerin. „Meine Mutter ist Kindergärtnerin, mit ihr habe ich früher viel gebastelt Die 18-Jährige, die nach der Schule gerne Medizin oder Lehramt studieren würde, hat sich auch bereits im Programmieren ausprobiert. „Schon nach einer Woche habe ich selbst ein wenig Code geschrieben“, erzählt sie. „Das war nicht so schwierig wie erwartet.“ Als größte Herausforderung während des Bauprozesses benennt sie das Finden von kleinen Fehlern. „Am schlimmsten ist es, wenn der Roboter funktionieren sollte, es aber wegen Kleinigkeiten nicht tut“, sagt Kelm. „Einmal hat er nach dem Rechtsabbiegen keine schwarzen Bodenplatten mehr erkannt.“ Weitermachen will die Frankenbergerin mit ihrem neuen Hobby auf jeden Fall. „Bevor wir einen neuen Roboter bauen, wollen wir unseren erst einmal optimieren und optisch aufbessern“, erklärt die Zwölftklässlerin. Dass Roboterbauen eher ein Hobby für Jungs ist, sieht Kelm nicht so. „Auf unserer Schule ist das Verhältnis sehr ausgeglichen.“ Trotzdem freut es sie, auf dem aktuellen Turnier auch viele Mädchen zu sehen. „Es ist ein Hobby, das jeder machen kann und jeder machen sollte“, sagt sie.
Text und Foto: Fabian Diekmann, HNA vom 19.04.2024